Die Tankanzeige leuchtete konsequent. Laut Tacho hatten wir noch Sprit für 48 Kilometer, während unser Airbnb noch etwa 37 Kilometer entfernt war. In Montenegro, außerhalb der EU, boten unsere Mobilfunkverträge keinen Datenverkehr, was uns zwang, mit offline Karten zu navigieren, die keine Tankstellen anzeigten. Unsere Nerven lagen nach den letzten 4,5 Stunden Fahrt blank. Nach 30 Kilometern entschied Jonas, den Flugmodus zu deaktivieren, um die dringend notwendige Tankstelle zu suchen, bei der wir gerade noch rechtzeitig tanken konnten, während und uns zehn Minuten blieben, um pünktlich beim Airbnb einzuchecken. Doch nach jenen zehn Minuten fanden wir uns mitten in den Bergen wieder. Hektisch fuhren wir die soeben hochgewundenen Serpentinen wieder hinunter, in der Hoffnung, im Ort etwas WLAN zu erhaschen, damit wir nicht erneut auf mobile Daten zugreifen zu müssen, um unserem Airbnb-Gastgeber zu schreiben. Vergeblich suchten wir nach einem Signal. In seiner Verzweiflung schaltete Jonas den Flugmodus wieder aus, um in seinen E-Mails nach der korrekten Adresse zu suchen. Eine Viertelstunde und 40 Euro (kackteures Datenroaming!) später erreichten wir endlich unser Ziel: eine charmante kleine Holzkoliba mit einem weitläufigen Garten, in dem friedlich die Kühe grasten.
Zum Glück hatte Ivan vor der süßen Holzhütte auf uns gewartet, obwohl wir ein wenig zu spät eingetroffen waren. Er kam kurz mit in unsere Koliba und zeigte uns, wie wir die Holzleiter, die sich neben der Küchenzeile an der Wand befand, lösten, um sie so aufzustellen, dass wir zum Bett auf der zweiten Etage gelangen konnten. Das war lustig, denn so konnte man in jedem Fall keinen Abwasch mehr machen; eine gute Ausrede, um direkt nach dem Abendessen ins Bett zu gehen! Wir packten kurz unsere Sachen aus und fuhren dann ins Dorf Virpazar, welches trotz seiner kleinen Größe ein lebhafter, wenn nicht sogar unruhiger Ort war, wie wir später feststellen sollten. Überall tummelten sich Touristen oder Touristen-Stände, die um jeden Preis ihre Boote voll kriegen wollten. Wir befanden uns nämlich direkt am Skadarsee, welcher sich über eine Fläche von etwa 370 bis 530 Quadratkilometern (je nach Wasserstand) von Albanien bis Montenegro erstreckte, jedoch wurde nur der montenegrinische Teil des Sees zum Nationalpark erklärt, um seine natürlichen Ressourcen und seine einzigartige Landschaft zu bewahren. Er ist der größte See der Balkanhalbinsel und um ihn herum finden sich zahlreiche historische Monumente, darunter mittelalterliche Klöster, Kirchen und Burgen. Natürlich musste man hier eine Bootstour unternehmen. Wir hörten den Satz "Wanna go on a boat tour?" so oft, dass wir bereits darüber scherzten. Uns genügte aber zunächst das Restaurant Boot "Silistria", auf dem wir zu Mittag aßen. Am späten Nachmittag legten wir uns in die Hängematten unter die Apfelbäume in unserem Garten vor dem Haus und ließen die Seele baumeln, bis uns die Kühe besuchten. Wir bemühten uns beide tapfer, trotz der ungewohnten Nähe zu den stattlichen Tieren ruhig liegenzubleiben, doch schließlich überwog meine Angst, niedergetrampelt zu werden und ich verließ meine Hängematte als Erste. Jonas kam aber kurz darauf nach und wir beobachteten die beiden Kühe von unserer Terrasse aus in sicherer Entfernung.

Am nächsten Morgen holte uns Ivan nach unserem Check-out ab, denn (Trommelwirbel!) er unternahm eine private Bootstour mit uns. Er führte uns im Dorf zu einer Anlegestelle für Fischerboote und wir kletterten in sein überdachtes Boot. Nachdem wir abgelegt hatten, fuhren wir zunächst an den üppigen Ufern des Sees vorbei und nachdem wir das dichte Schilfohr hinter uns gelassen hatten, genossen wir den beeindruckendem Blick auf den sich vor uns öffnenden See und seiner umliegenden Berge. Der Schwimmfarn überzog den See mit einer grünen Matte, auf der sich hier und da weiß blühende Seerosen erhoben, Pelikane landeten auf schwimmenden Schilfinseln und Haubentaucher liefen mit schnellen Schritten über die Wasseroberfläche. Ivan fuhr mit uns unter der imposanten Skadarsee-Brücke her, die den See an einer seiner schmalsten Stellen überspannt und auf der sich die Ruinen der Festung Lesendro erheben. Das Wasser des Sees war völlig klar, ich meinte sogar kurz, eine Seeschlange gesehen zu haben. Zu schnell waren die zwei Stunden auf dem See vorbei und wir machten uns auf den Weg zu unserem nächsten Abenteuer.